Andrea Helmuth

Andrea Helmuth

Mittelrhein Marathon 2014

Warum ist es am Rhein so schön

 

Sentimentalität. Im ersten Moment, fast wie eine Flaschenpost aus längst vergangener Zeit. Erinnerungen an einen Schulausflug, wenn auch nur flüchtige. Die Schultische standen in Reihen mit dem Blick zur Tafel. Mädchen saßen neben Mädchen und Jungen neben Jungen. Im Zeugnis gab es noch Noten für Schönschrift und Betragen. Wohin der Schulausflug gehen sollte, entschied allein der Lehrer. Mein Lehrer, im Rollkragen, Cordjacke und schütterem Haar, war eine Respektsperson.

 

 

Der Heimatkundeunterricht führte an den Rhein, schließlich handelt es sich um Deutschlands ältestes Reisegebiet. Kaum eine Schulklasse, die in den 70er Jahren nicht auf dem Rheinschiff den spannenden Geschichten der Loreley lauschte. Ausgestiegen ist man am Deutschen Eck, dann wurde gewandert, den Rest habe ich vergessen und verdrängt, weil spießig und langweilig.

Warum aber ist es am Rhein so schön?

1950/60 fuhr man nicht in den Urlaub, sondern vergnügte sich am Rhein. Engländer verbrachten ihre Hochzeitsreise gerne hier. Später änderte sich der Trend. Es kamen meist nur noch dickbäuchige Kegelbrüder und ältere Damen mit nach 4711 duftendem silberblauem Haar für die Kaffeefahrt. Der Wandel von verstaubter Rheinromantik mit Eckes Edelkirsch zum Pauschalurlaub und Sangria am Ballermann. Da kann es schon mal passieren, das man im weit entfernten Myanmar auf das Flusskreuzschiff „MS Road to Mandalay“, welches in den sechziger Jahren für die Köln-Düsseldorfer Rheinschifffahrt gebaut wurde, statt den Rhein, den Ayeyarwady River befährt.

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Rheintourismus im 21. Jahrhundert sieht anders aus. Die Berge rechts- und linksrheinisch sind ein Outdoor-Paradies für Wanderer, Kletterer und Mountainbiker, mit dem Renn- oder Tourenrad können die Rhein-Radwege befahren werden. Andere zieht es magisch zur schönen Blonden: Die Loreley-Festivalbühne auf dem Felsplateau lockt Massen an. Der Mittelrhein Marathon gilt als eine der größten Sportveranstaltungen in der Region und wenn im August der längste Schiffskorso Europas den Rhein befährt, werden eine halbe Million Menschen über den „Rhein im Flammen“ staunen – all das verkauft sich hervorragend.

Der Rhein fließt, wir starten gegen den Strom

Da steh ich also wieder, viele, viele Jahre später am Castellum apud confluentes (Kastell an den Zusammenfließenden). Damit ist der Zusammenfluss von Rhein und Mosel gemeint. Und aus Confluentes Coblenz wurde später Koblenz. Das habe ich nicht von meinem damaligen Lehrer, sondern aus Wikipedia. Wie ein riesiger Tortenaufsatz in exponierter Lage ragt Kaiser Wilhelm I arrogant den Läufern hoch zu Ross entgegen. Überheblich schaut er nicht auf das Fußvolk, sondern rüber zur anderen Rheinseite, zur Festung Ehrenbreitstein.

Läufer am Ufer blicken ins Wasser. Schlammfarben strömt der Rhein seit 800 000 Jahren dahin und trennt das rheinische Schiefergebirge. 65 Stromkilometer von Rüdesheim mit dem Flusskilometer 526 bis nach Koblenz mit dem Kilometer 593 führt das Obere Mittelrheintal. Die Kilometersteine am Rhein weisen nicht nur den Kapitänen den Weg, auch für uns sind sie hin und wieder gut sichtbar. Mit seinen 67 Kilometern macht das Welterbe „Oberes Mittelrheintal“ zwar nur rund fünf Prozent des 1320 Kilometer langen Stroms von den Alpen bis zur Nordsee aus – es wird aber nicht selten als das Filetstück des gesamten Rheintals bezeichnet. Nur noch wenige Minuten bis zum Start.

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Etwa 250 Marathonläuferinnen und Mitläufer stehen bereit – hier am historischen „Deutschen Eck“. Damit ist keine typisch deutsche Gaststätte mit Schnitzelkultur gemeint (die es dort auch gibt), sondern eine kleine und bereits im 13. Jahrhundert künstlich aufgeschüttete Landspitze. Das Deutsche Eck gilt als das Wahrzeichen der Stadt Koblenz.

Koblenz-Rheinkilometer 593

Es ist 8:30 Uhr der Startschuss bei Rheinkilometer 593 ist gefallen. Keine halbe Minute später bin ich unter dem über fünf Meter hohen Start-Tor hindurchgelaufen und jetzt geht’s auf die Stecke Rheinaufwärts Richtung Boppard durch das Welterbetal. Vor einem Jahr stemmten sich die Sportler tapfer gegen Kälte, Regen und Wind. Heute ist dies ein Start, wie er besser nicht sein kann. Den Flaggen der sechzehn Bundesländer fehlt zum Wehen der Wind.

Schon die Römer erkannten vor 2000 Jahren den günstigen strategischen Ausgangspunkt des „Deutschen Ecks“. Zu meiner Schulzeit gab es das Reiterstandbild nicht. Vielleicht hatte der Kaiser besseres vor? Jetzt jedenfalls ist der Kaiser wieder da und noch etwas ist hinzugekommen. Drei Stücke der Berliner Mauer stehen hinter dem Monument, als Denkmal der Deutschen Einheit.

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Während die einen den Fluss mit dem Passagierschiff befahren, aus- und einsteigen, wo sie wollen, an Deck die Landschaft an sich vorbeiziehen lassen, erobern wir die Flusslandschaft zu Fuß. Dabei laufen wir auf großen Teilen der „Via Romana“ oder „Route Napoleon“, die heute weniger romantische und viel befahrene Bundesstraße 9. Diese ist für den Straßenverkehr bis spät in den Nachmittag gesperrt, sodass ein Weiterkommen jetzt nur noch zu Fuß, auf Skatern, mit dem Schiff auf der wichtigsten Schifffahrtsstraße, oder mit dem Zug auf der befahrensten Bahnlinie Deutschlands möglich ist.

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Das Motto des Mittelrhein Marathons lautet: «Gib deinen Sinnen freien Lauf!». Das Motto ist gut. Also nehme ich mir genau das auch vor. Bereits zum zehnten Mal organisiert Stefan Uedelhoven die Zug- und Bremsläufer hier beim Mittelrhein Marathon. Meine Idee ist, mich so um den 4:15-Stunden-Pacemaker rumzutreiben. Jedoch hat nicht jeder die notwendige Rennintelligenz und obwohl ich es besser weiß, nämlich dass sich das Tempo noch böse rächen könnte – um es gleich vorweg zu nehmen, das tat es dann auch – schließe ich mich dennoch dem 4-Stunden-Pacer Dirk Pretoius an.

Die Stimmung in Dirks Sonntagsausflüglerkleingruppe ist locker und das motiviert. Ich kategorisiere den Lauf unter die Rubik „Bräunungslauf“, denn Schatten gibt es auf der kompletten Strecke so gut wie keinen. Ohne es außerordentlich zu spüren, sind wir plappernd und lachend bei Kilometer fünf an der Königsbacher Privatbrauerei angelangt. Auf ihrer Homepage wirbt diese mit einer gastronomischen Erlebniswelt mit unverwechselbarem Ambiente und kulinarischen Genüssen. Vor dem verschlossenen Tor der Brauerei ist die erste Verpflegung aufgebaut. Hier erschöpfen sich die kulinarischen Genüsse bei Bananen, Iso und Wasser. Schnell einen Becher im Vorbeilaufen geschnappt und den Gruppenanschluss halten.

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Auf der rechten Hangseite versteckt und doch gut sichtbar das weiße Schloss Stolzenfels. Koblenz schenkte 1823 dem preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm die einstige Burgruinen-Immobilie, aus der erst nach vielen Jahren der Verpuppung ein Schloss entstand.

Eisenbahnfreaks werden begeistert sein

Gegenüber mündet die Lahn in den Rhein. Hier wechselt die Streckenführung entlang der Wasserschifffahrtsstraße zu einer Streckenführung entlang der Bahntrasse. Die Häuser sind zwischen Bahngleisen und der Bundesstraße eingezwängt. Wer hier direkt neben der Rheintalstrecke wohnt, muss Eisenbahnen lieben. EC, TGV, ICE donnern mit einer Geschwindigkeit von 200km/h von oder nach Basel durch das Tal. Mehr, so sagen Eisenbahnliebhaber, würde leider die Strecke nicht hergeben.

1895 wurde die Trasse erbaut und immer wieder modernisiert. Liegt das Interesse eines Eisenbahnliebhabers bei den Personenzügen, wie z. B. dem „trans regio“, also der Mittelrheinbahn, die gerade an uns vorbeibrettert, dann sollte man sich ein Häuschen auf der linken Rheinseite suchen. Tendiert die Eisenbahnvorliebe mehr so für die kilometerlangen Güterzüge, dann empfiehlt sich eine Immobilie auf der rechten Rheinseite. Auf welcher Seite auch immer, zu sehen und zu hören, sind täglich über 500 Züge. Damit zählt das Rheintal zu den meistbefahrenen Eisenbahnstrecken Deutschlands.

Rhens-Rheinkilometer 582

Wir laufen auf der alten B9 auf Kopfsteinpflaster am wunderschönen rot-weißen historischen Rathaus vorbei. Hier wurde die Idee des Mittelrhein Marathons geboren. Heute feiert dieser sein zehnjähriges Jubiläum. Zehntausend Sportler waren damals begeistert bei der Prämiere dabei. Trotz Sektkorken und Bestmarken gibt es Sorgenfalten. Am Marathon will man festhalten – solange er sich rechnet. Sponsoren haben ihre Zuschüsse gekürzt oder gar ganz gestrichen und die Stadt Koblenz erhebt Gebühren in Höhe von 30.000 Euro. Die 1300 Helfer sind natürlich ehrenamtlich dabei.

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Die Stimmung im Ort tobt und überall stehen Läufer zwischen dem Patchwork aus Fachwerkhäusern und jubeln uns zu. Es ist erst kurz vor 9.30 Uhr. Eine halbe Stunde bis zum Start bleibt den zehn Kilometer Läufern, bevor sie ebenfalls nach Koblenz laufen werden.

Brey-Rheinkilometer 581

Ein paar Kilometer weiter wird die Rhein-Landschaft kurzzeitig eintöniger. Platz für andere Entdeckungen. 2002 erhielt das Mittelrheintal DIE Auszeichnung. Weil es schön und schützenswert ist. Auch die Überreste der römischen Wasserleitung hier bei Brey sind Teil des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal.

Spay-Rheinkilometer 577-580

Der Weinort Spay liegt an einer mächtigen Rheinkrümmung, mein Blick fällt auf die alte fast unscheinbar wirkende Peterskapelle direkt hier am Ortseingang. Sie gehört zu den mittelalterlichen Schmuckstücken, denn drinnen zeigt sie Fresken aus dem frühen 14. Jahrhundert. Hier schmeckt dem Pfarrer der Wein noch beim Gottesdienst, denn einige der besten Weine des Mittelrheins stammen aus diesem Gebiet. Früher waren die Bewohner jedoch größtenteils Fischer, später kamen aus Spay gefragte Rhein-Lotsen. 70.000 Schiffe passieren jedes Jahr die Strecke zwischen Bingen und Koblenz. Lange bevor das erste Auto durch das Tal fuhr, verbanden schon Fähren die Ufer des Stromes.

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Der erste Schiffsbrückendiener zeitlebens war 1532 Peter Menges aus St. Goar. Die Gebühr zur Übersetzung zahlten nicht die Passagiere der Fähren, sondern die beiden miteinander verbundenen Städte St. Goar und St. Goarshausen in Form einer jährlichen „Brückenabgabe“. Auf diese Weise wurden die Wurzeln zum Weinbau am Mittelrhein gelegt den die Fähren waren die Voraussetzung dafür, dass sich der Weinbau auf beiden Rheinseiten entwickeln konnte.

Boppard-Rheinkilometer 562 – 571

Kilometer siebzehn. Noch immer laufen wir gegen den Strom, nun kommt die Spitze der Marathonläufer uns entgegen. Der warme Wind lässt die Blätter an den Weinstöcken rascheln. Hier heißt es Handlese an Steilhanglagen.

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Die Straße an der Rheinbiegung wird zur Riesling-Spur. Feinster Wein aus dem 75 Hektar großen Weinbaugebiet Bopparder Hamm spiegelt die fast zweitausend Jahre alte Kultur am Mittelrhein wider. Die höchste Erhebung ist die Fleckertshöhe mit 531 Metern über NN.

Halbmarathon-Wendestrecke –Laufkilometer 21,1

1:58 Stunde. Gleich ist es 10:30 Uhr, erst in einer Dreiviertelstunde starten von hier aus die Halbmarathonläufer, Walker und Nordic-Walker. Dirk, unter dem Einfluss des pulsierenden und applaudierenden Läufer-Publikums zieht noch zusätzlich am Gashahn.

Piep, piep über die Zeitmessmatte, einmal hundertachtzig Grad herum. Das ging mir dann doch zu schnell. Gleich im doppelten Wortsinn. Will man uns nicht in Boppard haben, schießt es mir durch den Kopf. Wir kommen nicht in den Genuss der Bopparder Uferpromenade, der großen Anlegestelle für Schiffe.

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Ich wäre so gerne durch die Stadt gelaufen, in der 1796 Michael Thonet, wahrscheinlich auf einem Stuhl, geboren wurde. Bis hier hin war ich Herrin der Lage, in jeder Situation. Als ob jemand den Stecker bei mir gezogen hat, lässt meine Energie nach. Tja, und Dirk läuft mir mit angeschwellter Brust und einer bereits ausgedünnten Ausflüglerkleingruppe auf und davon.

Sich mit dem Strom treiben lassen

So war meine Vorstellung. Die von mir zurzeit erreichte Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt etwa zehn Kilometer in der Stunde, die mittlere Fließgeschwindigkeit des Rheins beträgt 2 Meter pro Sekunde. Auf dem Fluss sind ganze Armadas unterwegs; Von Tankschiffen bis zum Kanufahrer balancieren sie sich über die Wellen. Teils über 100 Meter lange und über tausend PS starke Binnenfrachter ziehen ihre Spur durchs Wasser, Tonnen von Getreide in ihrem Bauch.

Jetzt erst kommt das Ausflugsschiff „Goethe“ den Rhein heraufgefahren. Das Schiff lag heute Morgen noch schlafend in Koblenz vor Anker. Genüsslich zieht ein überdimensional großes Schweizer Hotelschiff in der Fahrtrinne vorbei. Auf dem Schiffsdeck stehen und sitzen Passagiere – meist über die Lebensmitte hinaus: Sie, mausgraue Kurzhaarlockenfrisur und getönte Brille mit Goldrand auf der Nase. Einige sitzen einfach nur da und betrachten stumm, in sich versunken und völlig fasziniert, das idyllische Geschehen. Neben der Loreley bieten wir Läufer heute eine willkommene Touristenattraktion. Sichtlich darüber erfreut winkt die Dame zu uns herüber, eine andere prostet uns mit einem Sektglas zu. Ein blasser Herr im ebenso blassen Nylonblouson zückt seinen kleinen Fotoapparat und hält die Läufer für die Ewigkeit fest. Neben ihm gleite ich nun etwas ruhiger durch eine Landschaft, die sich seit Jahrhunderten ständig verändert hat. Beschaulich zieht die Landschaft vorbei.

Rheinschifffahrtspolizeiverordnung

Das Geräusch verschiedener Schiffsmotoren wird für einige Kilometer zur sehr vertrauten Geräuschkulisse. Der Rhein wird für mich zur Zeitmaschine. Plötzlich fallen mir längst vergessene Vokabeln ein, für die ich büffelte und büffelte. Ich meine nicht die aus der Grund-, sondern aus der Bootsfahrschule. Zum Beispiel die Rheinschifffahrtspolizeiverordnung, oder Schubverbände. Fragen wie: „Wann darf ein Schubverband nicht geschleppt werden“.

Beim Laufen zu rechnen fällt mir schwer. Habe ich die Führerscheine tatsächlich schon so lange? Ich glaube schon. Vor mehr als 20 Jahren machte ich meinen Sportbootführerschein Binnen und den Sportbootführerschein See. Immer mehr Begriffe kommen mir blitzartig in den Sinn: BinSchStrO ist die lange Abkürzung für Binnenschifffahrtsstraßenordnung. Gruselig.

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Seit den ersten Kilometern schmerzen mir mal wieder die Fußsohlen. Dummerweise habe ich heute Morgen eine Socke gegriffen mit einem Loch, zu schade zum Aussortieren. Jedenfalls habe ich nun die Quittung in Form einer Blase, natürlich ebenfalls unter der Fußsohle. Wenn schon, denn schon. Was aber sind schon Fußschmerzen gegen den Aufprall auf bretthartem Wasser? Ausdauer jedenfalls habe ich damals schon gehabt. Kilometer um Kilometer liess ich mich an der langen Leine über das Wasser ziehen. Nicht immer endete das elegante Gleiten mit dem Wasserski oder dem Wakeboard hinter dem 300 PS starken Motorboot sanft. Nie hätte ich damals geglaubt, die Boardshort gegen eine Laufhose einzutauschen und eines Tages unter die Läufer zu geraten. So ändern sich die Zeiten.

Spay-Rheinkilometer 577-580

Zurück in Spay. Jetzt aus dieser Richtung wird sie von einem 160 Meter hohen Felsen auf der anderen Uferseite erst richtig sichtbar. Die hohen Mauern und Zacken der wohl berühmtesten Burg am Mittelrhein. Die Marksburg, einst Zeichen von Macht und Größe. Sie ist beachtlicherweise die einzige nie zerstörte mittelalterliche Höhenburg am Mittelrhein.

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Wieder laufe ich durch die Eisenbahn-Miniatur-Landschaft entlang der Bahntrasse. Zurück durch die gleichen Ortschaften und wieder entlang der Bahntrasse, dem Rhein, vorbei an Wiesen, Felder und Fachwerkhäusern, mit der Konsequenz des Entrücktseins, das mich zu der Frage bringt: Ist man eigentlich noch Rheintourist, wenn man sich nichts mehr anschaut? Ich befinde mich in einem seltsam paradoxen Zustand – eine innere Leere, an der man genug hat.

Erst auf den letzten Kilometern vor Koblenz geht das Gefühl endlich verloren. Erst jetzt wird mir bewusst, auf welch schönem Boden ich die letzten Stunden gelaufen bin, wenn auch nur verkürzt. Meist verlief die Strecke des Mittelrhein-Marathons von Oberwesel bis nach Koblenz. Der jetzige Kurs mit seiner Wendemarke in Boppard ist für die Organisation ganz klar kostengünstiger, aber dem Marathon gehen viele wunderschöne Rheinkilometer, wie zum Beispiel St. Goar und St. Goarshausen mit der Loreley, verloren. Dennoch schließt Robert Kretzer nicht aus, dass man in der Zukunft wieder in Oberwesel startet. Das wäre dem Mittelrhein Marathon nur zu wünschen.

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Noch ein letzter Kilometer. Die Stimmung auf der Rheinpromenade ist so pittoresk, als hätte sie der Tourismusverein engagiert. Eine Flaniermeile von einem knappen Kilometer Länge. Das Hinterteil des wilhelminischen Pferdes, auf dem der erste Deutsche Kaiser reitet, sieht man schon von weitem. Jetzt nur noch wenige Schritte. Ich werde überholt. Obwohl es eine Frau ist, vielleicht auch noch aus meiner Altersklasse, ist es mir egal. Auch sie hat unterwegs gekämpft. Ich gönne ihr den Zieleinlauf.

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Hinter mir ruft es. Ich drehe mich um und bin schlagartig wieder voll da. Der Vierstundenfünfzehn-Pacemaker lässt mir die Chance, zwei Fußbreit vor ihm ins Ziel zu laufen. Vergessen sind die langweiligen Wanderausflüge. Und wie schon viele Rheintouristen vor mir, freue ich mich jetzt auf ein Kännchen Kaffee und einem Kirschtortenstück mit der hellroten, kandierten Cocktailkirsche obendrauf.
Darum also ist es am Rhein so schön!

Info: Der MARATHON

Gesamtzeit/Höhenmeter/Streckenprofil: Die Streckenführung ist flach, 21 Kilometer flussauf- und 21 Kilometerflussabwärts

Anreise: Flughäfen: Frankfurt/Main ca. 120 km
Bahnhöfe: IC- und ICE-Züge
Autobahn: A61 zwischen Koblenz und Bingen
Shuttlebusse vom Parkplatz

Veranstalter: Mittelrhein Marathon Management GmbH

Wettbewerbe: Neben dem Marathon werden auch ein Marathon, Inline Marathon, 2er und 4-er Staffel Marathon (Laufen) und Halbmarathon (Laufen + Walking + Nordic Walking), ein 10 KM (Laufen), Mini-Marathon und eine Schulwertung geboten

Verpflegung: Wasser, Iso, Cola, Oatsnack, Bananen, Erdinger Alkoholfrei

Zeitmessung: ChampionChip

Preise: Finisher-Medaille für alle Teilnehmer. Altersklassenwertung nach DLO (m/w, HK, AK 30, AK 35, AK 40 etc. Preise nur für die Gewinner der AK)

Ergebnisse gesamt Männer:
1. Tobias Sauter, sebamed running Team/ LT Haspa Marathon Hamburg, (M 30) 2:32:50 Stunden
2. Richard Schumacher, AstSüßen, (M 30), 2:37:12 Stunden
3. Marco Diehl, DVAG-Marathon-Team, (M 45) 2:42:45 Stunden

Ergebnisse gesamt Frauen:
1. Anne Staeves, (W45) 3:22:23
2. Barbara Keller, ETSV Lauda (W55), 3:26:21 Stunden
3. Tanja Niedick, Team Erdinger Alkoholfrei, (W35) 3:36:07 Stunden

Finisher: Marathon 216 Männer, 34 Frauen

Zielschlusszeit: 5:30 Stunden

Angemerkt: Während ich bereits im Ziel bin starten die Inlineskater. Darunter die Weltelite. Denn der Mittelrhein-Marathon ist das einzige Point-to-Point-Rennen im GERMAN INLINE CUP.